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Politik und Wirtschaft oder Celebrities und Virales - hier findet sich für jeden etwas!

Frankreichs "Spiderman": Mamoudou Gassama

Ein kleiner Junge hängt weinend an der Balkonbrüstung eines vierten Stocks einer Wohnung im 18. Arrondissement Paris'. Während die Leute schockiert stehen bleiben, Polizei und Feuerwehr rufen und nicht wissen, was zu tun ist, tritt ein junger Mann starker Postur dazu und entscheidet sich umgehend: Er muss das Kind retten. Ohne nachzudenken hangelt sich Mamoudou Gassama von einem zum nächsten Balkon und braucht lediglich eine halbe Minute, um zum Jungen zu gelangen und ihn in Sicherheit zu ziehen.

Mit den Bildern dieser waghalsigen Aktion stockt der Welt seit Samstagabend der Atem und der 22-jährige Mamoudou Gassama wird zum Nationalhelden. Das millionenfach gesehene Amateur-Video eines Passanten umkreist die Welt und war bereits in zahlreichen Medien zu sehen, von englischen Nachrichten wird Gassama schnell als der reale "Spiderman" betitelt.

 

"Von dem Typen kann sich sogar Spiderman noch eine Scheibe abschneiden."

- Samuel, Augenzeuge

 

Während Gassama von den Umherstehenden bejubelt und applaudiert wird, treffen Polizei und Feuerwehr erst nach der Rettungsaktion ein, um den Jungen und den Helden des Tages zu versorgen. Das Ergebnis bleibt erfreulicherweise nüchtern: Der 4-jährige hat sich einen Nagel abgerissen, Gassama erlitt einige Hautschürfungen während der Erklimmung der Hausfassade.

Doch wie konnte es überhaupt dazu kommen, dass das Kind am Balkonzaun um seine Existenz bangen musste? Dabei sei wohlbemerkt, dass der Junge laut Angaben im fünften Stock wohnte und demnach ein Stockwerk gefallen sein muss (!), bevor Gassama eingreifen konnte.

Schnell wurde der Grund für dieses schockierende Szenario bekannt - und ist ebenso absurd wie verwerflich. Angaben zufolge wollte der Vater, mit dem der Junge alleine wohnt, einkaufen gehen und schloss dafür seinen Sohn in der Wohnung ein. Sein Ausflug verlängerte sich, Grund dafür: Der Mann entschied, sich auf dem Rückweg mit dem bekannten Spiel Pokémon Go die Zeit zu vertreiben. Die Mutter lebt derweil im Übersee-Departement La Réunion und war somit ebenfalls abwesend. Sie wurde anschließend telephonisch über das Geschehen informiert und bedankte sich daraufhin auf dem Radiosender Antenne Réunion bei dem 22-jährigen.

 

"Zum Glück hat er so schnell reagiert."

- die Mutter

 

Sie könne das Verhalten ihres Mannes nicht verstehen und wolle so schnell wie möglich nach Frankreich reisen, um sich mit ihrer Familie bei Gassama angemessen zu bedanken. Dem Vater drohen bis zu zwei Jahre Haft, sowie 30.000 Euro Strafe mit einer Anklage wegen "Aufgabe der elterlichen Verantwortung", während der gemeinsame Sohn derzeit vom Jugendamt in Schutz genommen wird. Sein Vater konnte nach einer Untersuchungshaft am Montag wieder nach Hause.

Auch Zweifel kommen auf, weshalb die im Video zu sehenden Nachbarn den Jungen nicht hochgezogen hätten, da sie offensichtlich nah genug dran gewesen wären. Der Beschuldigte selbst antwortete damit, dass er mit Vorsicht agiert hätte, da ihn, wie es Augenzeugen bestätigen, eine Wand vom nebenliegenden Balkon trennte. Außerdem war Gassama bereits auf dem Weg, dennoch hielt der Nachbar den Unterarm und die Hand des Jungen, um einen Fall so gut wie möglich zu verhindern.

Während zunächst die Identität des Retters unbekannt blieb, wurde dennoch schnell öffentlich, dass der Malier ein illegaler Einwanderer war und mit Schwarzarbeit auf Baustellen sein Geld verdiente. Zum Zeitpunkt der Aktion befand er sich bereits ganze sechs Monate unerlaubt in Frankreich, nachdem er eine turbulente Schiffsfahrt ins Land überlebt hatte. Nach den Einwanderungsgesetzen hätte Gassama festgenommen werden müssen, dies war nach Verständnis der befugten Politiker jedoch völlig undenkbar.

Nur einen Tag später, am 28. Mai, traf Gassama beim französischen Staatsoberhaupt Emmanuel Macron ein. Dort wurde er zuerst mit der "Nationalen Ehrenmedaille für Zivilcourage und Selbstlosigkeit" ausgezeichnet, anschließend sicherte man ihm den Erhalt der französischen Staatsbürgerschaft zu. Diese soll der 22-jährige in den nächsten drei Monaten erhalten, bis dahin genießt er eine temporäre Aufenthaltserlaubnis, dessen Papiere er bereits am Dienstag erhalten hat.

Zu dieser Entscheidung äußerte sich selbst die Politikerin Marine Le Pen, Vorsitzende der französischen Rechtspartei Front National, positiv. Sie sagte, man könne die französische Staatsbürgerschaft entweder erben oder sich verdienen, was bei Gassama zutreffe. Dennoch übten auch Einige Kritik an Le Pens Aussage und protestierten mit den Worten, man müsse Akzeptanz in einer Gesellschaft nicht von gebrachten Leistungen abhängig machen.

Gassama scheint die Aussage wenig zu stören, er hat demnächst andere Pläne im Kopf. Der junge Mann verfolgt nun seinen Wunsch, Feuerwehrmann zu werden, bei einem zunächst zehn Monate langen Praktikum à 600€/Monat. Doch vor allem wird Gassama in nächster Zeit von einer Talkshow zur anderen geladen, was den "Spiderman" von Paris einige Zeit beschäftigen dürfte.

Quellen: www.zdf.de; www.wr.de; www.blick.ch; m.spigel.de; www.correctiv.org; www.bento.de; m.faz.net; www.meedia.de; www.youtube.com

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